Schon Tage vorher merkte ich, wie mich der Zehner von letzter Woche in eine Art Euphorie versetzte, mußte aber gleichzeitig merken, wie sehr mich das Jahr geschafft hat,zumal die Arbeit auch keine Rücksicht auf meinen Körper nahm. Da der Hausarzt sagte:”Hör auf Deinen Körper ,er redet mit Dir!”, ich das aber etwas ignorierte, muß ich gestehen, merke ich jetzt erst, nach fast 2500km in diesem Jahr mit erheblich wechselnder Belastung (Zehner-Rennen und Ultras unterscheiden sich “geringfügig”…),dass der Körper RUHE herbeisehnt und ich als Mensch nicht mehr der bin, der ich zu Jahresbeginn war, wo ich mir zu Herzen nahm, im letzten Jahr der M35 nochmal alles abzuräumen, was es zu holen gibt. OK, die Marathonbestzeit mit 3:17:49 h im Königsforst und den Zehner um wenige Sekunden an der 39er Zeit vorbei, dafür einen AK Sieg beim ersten 24 h Lauf überhaupt, läßt mich schon fröhlich zurückblicken, aber es war einfach zuviel… Körperliche Mattheit, abgeschlagen sein und Konzentrationsschwächen mehrten sich zuletzt sehr bedenklich. Zwischendurch das Hin und Her wie es weitergeht: Ultra, oder Tempo,aber ich denke, das wenn der Marathon Sonntag gut verläuft, bleibe ich zunächst beim Tempo.
Genau da ist schonwieder der Punkt: “Wenn der Kölnmarathon gut verläuft”, genau mit dieser Aussage setze ich mich schon unter Druck, anstatt zu sagen:” Ich lauf dann mal los”… Anscheinend brauche ich das, ich weiß es nicht , und so geht es seit Jahren, kein Wunder, das man dann irgendwann nachläßt… Jetzt, wo ich das schreibe, ist gerade mal Freitag vor dem Marathon, meine Startunterlagen liegen vor mir, der Streckenplan auch, im Radio wird mildes, nicht zu warmes Wetter prophezeit, trocken soll es auch bleiben… das macht Hoffnung. In mir rattert aber die Zahlenmaschinerie wieder,ich könnte kotzen und sich jetzt einzureden, einfach nicht an Zeiten zu denken, ist unmöglich, es geht einfach nicht… Trainiere ich einen Tag, bin ich einen Tag platt,das waren die letzten Wochen ! Ich bin einfach irgendwie am Limit angekommen, um zu sagen, “Ich will raus” und genau diese Auszeit nehme ich mir nach dem Marathon und haue ein paar tage ab in die Sonne, auch wenn die Arbeit nach mir ruft,aber die rennt nicht weg,im Gartenbau und im Abriss ist immer etwas zu tun…
Nun ist also Samstag, diesen Tag nutze ich, um einfach mal faul bis 09.00 h im Bett liegen zu bleiben. Für mich als Frühaufsteher eigentlich ungewohnt,aber durchaus erholsam…
In der Nacht stellte ich fest, dass mir der Hals kratzt, als wenn sich eine leichte Erkältung im Anmarsch befindet. Ist das etwa die Quittung für die Pause,die ich machte und sollte mich gar schwächen? Am Morgen bekam ich das Angebot, einen Pace für Zielzeit 4:15 h zu vertreten, aber das langsame Tempo ist nichts für mich, danach tun mir die Knochen mehr weh, als wenn ich auf Tempo gehe.. Ich halte zwar unkomplizierter und problemlos lange Strecken durch, bin aber unzufrieden! Ich lehnte dankend ab und werde meinen Stiefel laufen,wie er mir paßt:-) Inzwischen bin ich innerlich zur nötigen Ruhe übergegangen und warte einfach ab, was kommt. Die Strecke ist bekannt, das Wetter frisch geworden,mir wird die Schleife durch Nippes auf den Senkel gehen, aber das ist eine halbe Stunde Mehraufwand und dann ist der Spuk vorüber.
Mir ist im Vorfeld schon klar, dass ich am Anfang die ersten 14 km in knapp über einer Stunde reißen werde und danach langsam einbreche, noch nie in all den Jahren, die ich laufe, gelang mir ein negativer Split,d.h. die zweite Hälfte schneller zu laufen, als die erste Hälfte!Im Laufe dieses Tages trainierte ich noch einmal ganz leicht mittels einer 7:30 er Runde über knapp 5km und verschaffte mir so Lust auf schnelles Laufen.Ja, ich weiß, ich breche irgendwann ein, aber ich will nicht dran denken,sondern mehr oder weniger gleichmäßig laufen (4:40er Pace)
Am Morgen stand ich, wie immer 3 h vor dem Start auf, futterte Brötchen mit Honig und konnte noch etwas ruhen. Dann ging über den Rhein nach Deuz zum Bahnhof.
Ich sortierte mich im Startblock wieder recht weit vorne ein und kurz nach 10:00 h begann der Start und das Tempo wurde meiner Uhr vorgegeben und konnte mit dem Ziel 3:15 gehalten werden. Ich fand einige Mitläufer und so hatte ich Unterhaltung. In Gesellschaft ließ es sich leicht laufen und man quatschte hier und da mit Läufern und tauschte sich beim vorgegebenem Tempo aus… Da ich mein 147km Shirt vom 24 h -Lauf in Delmenhorst anhatte, wurde ich schon gefragt, ob ich zum „Urlaub“ hier sei…. Irgendwie erntete ich hier eine Menge Respekt und es gab einige, die sich auf meine Lauferfahrung verließen,die ich jedoch artig runterspielte. Es kam immermal wieder ein Punkt, an dem ich einfach nur lief, und die Kilometrierung aus den Augen verlor. Natürlich kam auch mal die Frage auf, was ich hier eigentlich für eine Scheiße mache,aber die Aussicht auf eine gute Zeit, die aktuell bei 3:12 h im Ziel hindeutete, ließ mich weitermachen. Ich hatte das Gefühl, dass der Lauf hier recht schnell zu ende geht, wofür auch die Splittzeiten sprechen. Demnach war ich bei der HM-Distanz bei 1:36 h, km 25 in 1:55 h und bei km 40 in 3:06 h angekommen.Meine Pfälzer Freunde, verlor ich an drittletzten VP. Heute trank ich nur Wasser und kam mit 2 Gels von Dextro zurecht.
An Oma dachte ich heute viel und wollte Ihr diesen Lauf schenken,weil ich das Gefühl hatte, dass sie , wo auch immer sie war, mir die nötige Kraft gibt,fühlte mich “gesteuert”…Und das ist der Punkt, wo man unbewußt von außen motiviert wird und sich “gezwungen” sieht, durchzuhalten. Die Äußerung eines Läufers, der sich mit dem Pacemaker für 3:15, bei dem ich ständig war und wir einen schönen Puffer rausliefen, brachte mich zum Abbau der Kräfte. Er sagte:“ Ein Marathon beginnt bei km35!“ und unbewußt achtete ich auf diese Distanz,aber merkte auch so, dass sich die Nordschleife, die sich durch Nippes elendig zieht,Kraft raubte und ich am Zeitpuffer (2,5 min. zu 3:15 h) stetig verlor. Als ich endlich zur Innenstadt zurückkehrte,war die Strecke wieder voller Zuschauer, aber sooo doll, wie es immer dargestellt wird, war es nun heute auch stimmungstechnisch nicht, was möglicherweise an der sporadischen Schauerneigung lag und herbstlichen Temperaturen lag. Ich nahm nochmal die Beine in die Hand, versuchte es zumindest, mußte aber leider von der 3:15 Abschied nehmen,auch wenn ich schon drunter lag. Auf der Zielgeraden rannte die Uhr unerbittlich und war schon auf 3:16 gesprungen,aber ich hatte noch 100m vor mir und sehnte das Ende herbei…
Meine Nettozeit betrug 3:17:10 h , das erfuhr ich aber erst später, wie auch das Geile, dass ich von mehr als 6550 Läufern Rang 398 erreichte.Das stimmte mich dann doch zufriedener. Gewohntermaßen finde ich immer ein Haar in der Suppe. Am Besten war die warme Dusche im Dusch-LKW. Enttäuschend war, dass es nur ekliges Reißwolf-Kölsch alkoholfrei gab und kein Erdinger. Fazit: Neue PB und die vertonte Nase, mit der ich startete, ist nun schneller am laufen, als ich heute…:-) In 4 Wochen gehts zum 50er nach Bottrop und dazwischen erstmal eine Auszeit , wie man sieht, bringt Erholung und Mindestaufwand an Training etwas!
Am Tag nach dem Marathon fühlte ich mich (bis auf Kater in der Tobaken und den Schenkeln) so gut, dass ich erstmal die Anmeldung für den Nikolauslauf in Köln klarmachte und sofort das Ziel ausgab, am 06.11.2016 in Bottrop beim 50er wieder aufs AK-Treppchen zu wollen und auch hier eine Verbesserung zum Vorjahr anzustreben.
Wenn ich in 2 Jahren schon auf dem Kölnmarathon eine Verbesserung um 18 Minuten schaffe, dann will ich jetzt überall weiter vorankommen…